» Video-VersionSchlagwörter: Ruhrtriennale, Flugzeug, Transall, Airbus, Kunst, Kultur, raumlaborberlin, Architekt, Immobilie
Dauer: 14:14Drehort: StahlhausenSponsor: Fliegender Kameramann» Filmübersicht
Ruhrtriennale-Festivalzentrum THIRD SPACE - Das Flugzeug für alle!
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Stefanie Carp, Intendantin Ruhrtriennale: „Die Künstler haben keine Mühe und keinen Aufwand gescheut und haben, wie sie sehen, ein ganzes Flugzeug hierher transportiert und die Tatsache, dass es ein Flugzeug ist und das es Teile eines Flugzeuge sind, ist natürlich eine sehr schöne Metapher für unsere ganze Festival-Erzählung, weil man ja nicht genau weiß, ob dieses Flugzeug eigentlich gerade notgelandet ist, repariert wird oder ob es überhaupt erst gebaut wird und zusammengesetzt wird.“
Benjamin Foerster-Baldenius, Raumlabor Berlin: „Diese Installation von ‚Atelier von Lieshout’, die sozusagen einerseits eine künstlerische Arbeit war und andererseits eben auch ein funktionaler Raum, der eigentlich etwas ganz tolles macht für die Ruhrtriennale. Die Ruhrtriennale ist ja an vielen Orten, oder hat an vielen Orten auch unterschiedlich große, großformatige Räume. In Bochum ist sie in der Jahrhunderthalle und die Jahrhunderthalle ist ein riesiger Veranstaltungsraum, der auch nur funktioniert, wenn man ganz viele Leute, ein Publikum hat. Es gibt aber auch kleinere Formate, die irgendwie so ein bisschen nachdenklich sind, für eine kleinere Interessengemeinschaft von Zuschauern geeignet.
Der Brief, den Stefanie an uns getragen hat war «Könnt ihr nicht vor der Jahrhunderthalle auf diesem Platz eine künstlerische Installation machen, die unter anderem auch einen solchen Raum zur Verfügung stellt, wo es eine Bar gibt und wo man eben verschiedenartige Veranstaltungen stattfinden lassen kann, Diskussionen, Filme, Partys, Workshops und so weiter?»
Wir sind als erst mal auf die Ruhrtriennale gefahren, zuerst aber natürlich haben wir uns den Ort angeguckt. Der Ort allerdings, ohne Ruhrtriennale, ist ja ein bisschen trist und ohne Veranstaltungen in der Jahrhunderthalle, das ist ja eigentlich eher wie so ein großer Parkplatz vor dem Terminal-Gebäude. Dann war klar, man muss da jetzt auch schon noch mal hin und sich dahin setzen und nicht nur irgendwie mal einen Tag oder mal kurz vorbeigucken und muss sich auch den verschiedenen Nutzungsmomenten, morgens, abends, bei Veranstaltungen, wenn keine Veranstaltung ist muss man sich hinsetzt und den angucken. Und auch mit allen reden, die da irgendwie, die das machen, also Betreiber von dieser Bar, die es ja auch damals gab. Die Leute, die hier bedeutende Veranstaltungen gemacht haben und das sind die Erfahrungen. Und dann haben wir uns tatsächlich in unser Büro gesetzt, da wo wir arbeiten, häufig, haben ein Modell gebaut, haben Ideen gesammelt, haben gebrainstormt und haben dann immer auch im Austausch natürlich mit Stefanie Carp und paar weiteren im Bunde und auch direkt mit der technischen Leitung natürlich und den ganzen anderen Menschen, die damit dann nachher zu tun haben werden. Die Öffentlichkeitsarbeit usw. gesprochen, was dann auch die Bedürfnisse; für uns war es auch ganz wichtig, was will denn die Ruhrtriennale mit der neuen Intendanz überhaupt machen, sowohl in der Jahrhunderthalle als auch davor?
Ja dieses Modell bei uns im Büro ist relativ groß, also schon so ein Ding, die Jahrhunderthalle ist ja auch riesig und da diese, vor allen Dingen dieses Vordach, man sieht ja eigentlich die tolle Jahrhunderthalle nicht. Also sieht man natürlich auf dem Modell irgendwie von oben, aber das was eigentlich das Tolle an der Jahrhunderthalle ist, ist ja dieses Interior, ist ja die 100 Jahre alte Halle und dieser Vorbau, spricht ja irgendwie eine andere Sprache und das merkt man im Modellbau schon. Ist echt viel Arbeit, so eine Glasfassade irgendwie so ordentlich hinzubauen. Und dann haben wir das irgendwie genau angeguckt, haben wir jetzt gedacht «Komisch, ist kein Theater, ist keine Kultur». Es war also von der Typologie der Architektur ist das doch ein Terminal und da haben wir probeweise ein Flugzeug da reingestellt und irgendwie «Ja, stimmt eigentlich, genau darauf wartet das Gebäude». Es ist also eigentlich der Ausdruck einer Sehnsucht von Bochum einen eigenen Flughafen zu haben. Macht das nicht so wie in Berlin und baut ein Flughafen dann wird er nicht eröffnet, sondern man baut erstmal ein Gebäude, was als Flughafen genutzt werden könnte und dann benutzt man das erstmals Kulturgebäude und dann kann man ja nachher, hier vorne, die Landebahn davor setzen, dass war so damit. Als Gag haben wir dann das Flugzeug reingestellt und wir fanden das gut als Setzung, das hat auch gut den Raum eingenommen und ist von der Größe, von den Dimensionen ist es ja, die Jahrhunderthalle ist riesig, so ein gigantisches Gebäude, das man irgendwie schon auch in dem großen Maßstab arbeiten muss, wenn man davor was machen will.
Wir sind gar nicht davon ausgegangen, dass wir ein Flugzeug finden sogar, dass wir uns das auch leisten kann und so weiter. Wir haben eigentlich gedacht ‚wir finden irgendwo ein Cockpit, wir finden vielleicht auch noch irgendwo ein Heck und wir finden irgendso ein paar Fenster und so ein paar Sitze und den Rest bauen wir irgendwie. Also weil, dann ist auch nicht so richtig klar «Wird hier eigentlich ein Flugzeug gebaut, auseinander genommen, recycelt?». Will man eigentlich sagen «Wir wollen weg hier aus Bochum oder wir kommen gerade an oder, oder was ist das eigentlich?». Und dann haben wir eigentlich bei der Recherche auf eBay, irgendwann klickt man sich so weiter und irgendwann waren wir bei der Bundeswehr und es war klar, die Bundeswehr verhökert eigentlich ihre Transall-Maschinen gerade. Meistens an irgendwelchen Schrotthändler, die die dann halt mit der Abrissbirne zerlegen oder zerschneiden mit großen Scheren und dann Altmetall daraus machen.
Dann haben wir da mal anrufen, ob das so sein muss oder ob man das auch irgendwie anders verwerten kann, ob man das sozusagen aus diesem aus Kreislauf der Verwertung raus nehmen kann und den anderen Kreislauf der Weiternutzung rein bringen kann und dann waren die da sehr offen. Ja wir haben ein bisschen mit uns gehadert, weil wir wollten das ja gar nicht, wir wollten nicht das ganze Flugzeug. Was bedeutet, dass man jetzt ein ganzes Flugzeug auf einmal hat. Und dann fanden wir das aber, nach einiger Zeit fanden wir das eigentlich auch gut. Wir fanden es auch gut, dass es eine Maschine der Bundeswehr ist, die jetzt nicht im Kampfeinsatz war, sondern eigentlich eher so im humanitären Einsatz, hauptsächlich. Das ist ja ein über 50 Jahre altes Flugzeug, was eigentlich überall auf der Welt, wo irgendwo Sorgen und Not herrschte ja irgendwie Zeugs hintransportiert hatte. Das fanden wir dann irgendwie einen interessanten Aspekt und auch einen passenden Aspekt für die Ruhrtriennale, da irgendwie so was reinzubringen, was so eine Geschichte mit sich bringt und das zu nutzen, als einen Ort, wo man sich über gesellschaftliche Fragen heute auseinandersetzt und viel von dem Programm was Stefanie Carp macht, hat ja auch genau mit diesen Fragen zu tun, die irgendwie real, irgendwo anders auf der Welt auch existieren, wo häufig dann auch solche Gerätschaften im Einsatz sind.
Das ist eine Transall-Maschine, die bis vor vier Jahren geflogen ist, zuletzt in Kundus im Einsatz war, die Bundeswehr versorgt hat und jetzt wurde die halt ausgesondert. Die Bundeswehr hatte über 100 Maschine davon, es ist ein Produkt was gemeinsam mit Frankreich entwickelt wurde, wie der Airbus eigentlich. Wird jetzt aber ersetzt durch den Airbus, der aber irgendwie noch Konstruktionsprobleme irgendwo hat, der läuft noch nicht so rund. Deswegen behalten die jetzt auch noch mal, deswegen sieht man auch, also hier fehlen überall so Teile, die hat die Bundeswehr ausgebaut. Sie behalten sie als Ersatzteile für die 20 Maschinen, die sie jetzt noch benutzten, bis der Airbus dann mal soweit ist.
Das weiße Teil ist ein Airbus, allerdings ein Passagierflugzeug. Für uns war das eben wichtig, deswegen ist da auch noch so ein anderer Airbus dabei, wir haben auch Teile von Gelenkbussen und aus Fußballstadien hier aus der Umgebung, die wir hier recyceln, das würde, denn wir wollen ja noch zwei Jahre weiter, das wird sich anreichern in den nächsten zwei Jahren noch durch andere Sachen, die wir selber bauen oder die wir finden, die wir denken, dass sie dieser Raum und dieser Ort und die Nutzung die sie dann haben sie auch brauchen. Ja ganz wichtig ist natürlich erstmal die Veränderung, die jetzt in den sechs Wochen stattfinden. Jetzt in den nächsten drei Tagen bauen wir noch. Es gibt Workshops, wo auch jeder mitmachen kann, Stühle bauen. Wir entwickeln das Ding weiter, dann kommt auch mehr, mehr und mehr laden wir auch Bochumerin und Bochumer, aber auch die Festivalbesucher dazu ein, selber mit diesem Raum zu interagieren und Ideen zu haben, was man hier machen kann. Also laden wir eigentlich dazu ein, hier her zu kommen, mit Hanna zu reden, die hier im Cockpit ihr Büro hat und ihr vorzuschlagen «Wir wollen jetzt gerne mal hier unseren Tango Abend machen» oder «Wir wollen uns hier mal mit unserer Strickverein» oder «Wir wollen hier ein Skat-Turnier machen» oder irgendwas. Wir finden eigentlich alles gut was es schon gibt. Das können aber auch Sachen sein, die neu erfunden werden dafür, wie man halt Lust hat, und wir versuchen diese dann möglich zu machen um zu gucken, auf was verändert das eigentlich, wie verändert das den Ort, wie verändert das den Raum. Und dann bauen wir im September das dann alles wieder zurück. Dann wird das alles schon eingelagert, ordentlicher eingemottet, und im nächsten Jahr holen wir das wieder raus. In der Zwischenzeit haben wir dann aber neue Pläne gemacht. Das wird anders wieder aufgebaut, anders zusammengesetzt, vielleicht auch andere Teile, die dazu kommen, um sozusagen auch einen neuen Versuchsaufbau zu haben, wo nochmal andere Sachen passieren können. Wir versuchen natürlich aus den Sachen, die dieses Jahr, die wir über dieses Jahr gelernt haben, Konsequenzen zu ziehen und das anders zu machen.
Also einer unserer Spezialitäten, wir sind Architekten aber wir bauen das Zeug, was wir entwerfen selber. Einerseits selber also mit den eigenen Händen, aber wir laden auch immer Leute dazu ein, das mit uns zusammenzubauen. Da gibt es auch Sachen, die werden von Firmen gemacht, der Gerüstbau wurde von einer Firma gemacht. Wir arbeiten auch gerne mit Spezialisten, aber es gibt ganz viele Sachen, die sagen wir in der Haptik, in Detail und dem was wir machen eigentlich erst auf der Baustelle entstehen und dafür haben wir so ein Pool an Leuten, mit denen wir zum Teil schon viele Jahre auch zusammenarbeiten, die immer wieder dazu kommen, aber es kommen auch immer wieder neue, die wir irgendwo kennen gelernt haben, die irgendwie super Leute sind und Sachen gut können und das ist also sozusagen, man braucht gute menschliche Qualität und man muss so ein bisschen, ist auch super wenn man halt irgendwie handwerklichen Qualitäten hat, also man versucht immer so ein bisschen zu mixen. Da kommt dann unser Koch Dom, der kann auch schrauben, aber er kann ja auch super kochen. Der hat sich jetzt, wenn man da so 18 Leute hat, dann kommt man zu nichts anderem, außer zu kochen. Ab und zu kommt er dann al aus der Küche raus mit einem Akkuschrauber, raus wie, wenn Manuel Neuer aus dem Tor raus kommt und man auch mal vorne ein Tor zu schießen. Ja dann sind ein paar Praktikanten dabei, also Leute, also dass auch bei einem Teil der Ausbildung, die man bei uns irgendwie machen kann, wenn man bei uns mitarbeitet. Man hat eben von der ersten Idee über den Entwurf, über die ganze Planung, Genehmigungsprozess und so weiter dann auch bisschen dazu, dass das dann auch fertig da steht, auch mitmacht. Kiprass, Michelle, Felix, die bei uns seit einem halben Jahr Praktikum machen, die wirklich dieses Projekt von Anfang, also fast von Anfang, bis jetzt mitgekriegt haben und das ist auch gut, denn häufig sind auch welche dabei, die hatten noch nie eine Stichsäge oder so in der Hand gehabt hat. Die lernen das dann ja hier, man kann immer alles lernen.“
Benjamin Foerster-Baldenius, Raumlabor Berlin: „Die andere Frage, die wir immer gestellt haben ist ja «Wieso denn jetzt eigentlich ein Flugzeug?» Eigentlich muss man das ja den Bochumerinnen und Bochumer nicht erklären, weil die wissen ja, dass sie keinen Flughafen haben, aber wir interpretieren diese Architektur die eine ganz klar ein Typologie hat, die nicht die Typologie eines Theaters ist oder die Typologie eines Raumes, in dem jetzt große Kulturveranstaltungen stattfinden, sondern eben eher die Typologie eines Flughafens, so, dass es da eine große Sehnsucht der Bochumerinnen und Bochumer, oder zumindest des Architekten, der sich das ausgedacht hat, danach gibt, vielleicht doch früher oder später, wenn der Bochumer Verein dann auch Pleite gegangen ist und da hinten dann so eine Schneise durchschlagen kann, durch Stahlhausen. dann hier so eine Landebahn endlich mal hat und den Inner City Airport von Bochum einzuweihen. Das wäre eine Lesart, natürlich.“
Links zum Artikel:
- Ruhrtriennale (offizielle Website)
- Jahrhunderthalle Bochum (offizielle Website)
- Raumlabor Berlin (offizielle Website)
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