» Video-VersionSchlagwörter: Blumenfriedhof, Friedhof, Blumenstraße, Soldaten, Ehrenmal, Walter Borbet, Karl Gerstein, Fritz Graff, Karl Hahn, Karl Lange, Carl Bollmann, Karl Loebker, Gräber, Geschichte
Dauer: 5:02Drehort: MitteSponsor: Fliegender Kameramann» Filmübersicht
Blumenfriedhof - Ein Stück Bochumer Stadtgeschichte
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74Es gibt diese besonderen Momente wenn man auf einen Grabstein schaut und denkt ‚Donnerwetter, da hat sich aber jemand etwas überlegt: Die Pforte des Himmels ist allen offen.‘ Und das ist dann in der Tat auch so, auch Jahre und Jahrzehnte später. Gesehen auf dem Blumenfriedhof, der zwar viele Blumen besitzt aber seinen Namen von der angrenzenden Blumenstraße erhalten hat.
Zwei ruhige Nachbarn nebeneinander, die Justizvollzugsanstalt und der Friedhof, der im Jahr 1884 eröffnet wurde, nachdem der alte Friedhof, der heutige Kortumpark, zu klein geworden war.
Der Blumenfriedhof ist ein Abbild der Bergbau- und Industriegeschichte der Stadt Bochum, für seine Opfer und seine großen Köpfe, wie Generaldirektor Köhler. Feierabend ist hier kein Wortwitz sondern der Name der ehemaligen Zeche die er leitete. Walter Borbet, langjähriger Direktor des Bochumers Vereins. Die Familie Lueg, Gründer der Autohauskette.
Oder Karl Gerstein, so etwas wie ein früher Funktionär und Lokalpolitiker, der in allen Gremien zuhause war. Deshalb heißt es auch ‚nur vor Gericht und auf hoher See sind alle Menschen gleich‘, nicht im Tode.
Da gibt es schon Unterschiede zwischen einem Ehrengrab und einem Ehrenhain, was auch mit dem Begriff ‚Massengrab‘ gleichzusetzen ist. Hier liegen die Bochumer Soldaten des 1. Weltkrieges, wobei das in fast allen Fällen gar nicht stimmt. Denn ihre Körper oder das, was von ihnen übrig blieb, liegen auf irgendwelchen Schlachtfeldern. Hier wird ihrer nur erinnert.
Eine beeindruckende Anlage, in der Größe und der Wahrnehmung von persönlichen Schicksalen. Welche Dramen müssen sich abgespielt haben, wenn allein ein Stein schon zeigt, dass hier Mutter und Vater zwei ihrer Söhne fast am gleichen Tag verloren haben.
Der Tod im Feld ist hier ein regelmäßiger Gast, der Engel kümmert sich um die Soldaten, so wie hier in der Grab-Ikonografie festgehalten.
Doch der Blumenfriedhof ist nicht nur der Friedhof der gefallenen Soldaten, er ist auch der Friedhof der verunglückten Bergleute.
Das typische Grabmal des Bergmannes ist hier der Obelisk. Für die Opfer des Schlagwetter-Unglücks am 27. November 1889 auf der Zeche Constantin der Große, einmal in großer Ausführung und dann noch in kleinerer Form für weitere Opfer.
Nur sechs Jahre später wurde Bochum zum nächsten Mal von einem solchen Unglück heimgesucht. Der schwarze Obelisk steht für die Opfer des Grubenunglücks auf der Zeche Prinz von Preußen am 25. Juli 1895. Auch hier gibt es zwei Gräberfelder mit Ehrenmal.
Neben den Bergleuten und Soldaten ist der Blumenfriedhof aber auch der Friedhof der toten Bürgermeister. Fritz Graff, mit Bochumer Wappen und Ehrengrab. Karl Hahn, auch ehemaliger Bürgermeister, mit Obelisk und schöner Grabanlage. Ehrengräber werden hier von der Stadt gepflegt.
Einmal rüber zum alten Teil des Friedhofes. Karl Lange, im 19. Jahrhundert einst Bürgermeister der Stadt. Genauso wie sein Nachbar Carl Bollmann, nebst Gattin, hier Frau Oberbürgermeister genannt.
Aus der Idee, dem Oberbürgermeister einen kleinen Baum neben das Grab zu stellen ist dann über 100 Jahre später so etwas entstanden.
Ja, der Zahn der Zeit ist oft unübersehbar. Das Grab von links sehenswert, das gleiche Grab von rechts mitleiderregend. Kein Einzelfall. Da helfen auch keine Schilder. Den Verfall können nur die noch lebenden Familienangehörigen aufhalten, falls vorhanden.
Man sagt ‚das letzte Gewand hat keine Taschen‘, man kann also nichts mitnehmen, außer vielleicht den Titel, dachten sich die stolzen Bürger der gehobenen Schicht im 19. und 20. Jahrhundert gleichermaßen. Da liegen sie nun, die Generaldirektoren, Kommerzienräte, Bergwerksdirektoren und auch Verbandsvorsitzende. Karl Loebker, Geheimrat, ein Gedenkstein mit der Inschrift ‚Die deutschen Ärzte ihrem großen Führer‘, verstorben 1912 als der Begriff Führer noch unbelastet war.
Es geht aber auch anders, wenn nicht Stolz sondern Schmerz die Inschrift eines Grabsteines prägen, so wie hier aus dem Jahr 1908:
„Hier schläft in Gott unser einiges heißgeliebtes, unvergessliches Söhnchen Alfred Ronsdorf. Auf Wiedersehn! Du warst des Vaters Stolz und der Mutter Freude, doch der liebe Gott hatte dich noch lieber, als wir beide!“
Und es geht auch künstlerisch. Ein Hauch von Jugendstil umweht die Grabstelle der Familie Zornig. Sehenswert dieser Blumenfriedhof, der früher einmal dicht besiedelt war und heute eher einem Park gleicht. Hier kommt man zur Ruhe, nicht nur zur ewigen.